28. September 2017

Abschied



Abschied. Manchmal zwingt einen der Tod dazu. Manchmal eine andere Person oder die Umstände. Manchmal geht er von einem selbst aus. Manchmal kommt er schleichend, manchmal plötzlich. Aber eines ist er nie: Einfach.
In den vergangenen Wochen und Monaten habe ich viele Abschiede erlebt. Erleben müssen. Und ich meine wirklich nicht den Abschied auf Zeit - auch wenn dieser genauso schmerzt. Nein. Ich meine jenen Abschied für die Ewigkeit.
Ich habe dieses Jahr zwei Freundschaften aufgegeben und abgeschlossen. Jeder dieser Abschiede war anders. Eine gab ich auf, weil ich einfach nicht mit der neuen Lebensführung klar komme. Es klingt hart. Aber ich habe aussortiert, was mich runter zieht, mich zu sehr beschäftigt. Ich weiß, dass die Person diese Lebensführung nicht ändern wird - aus verschiedensten Gründen. Und ich weiß, dass ich mich damit nicht länger aufhalten will.  Der andere Abschied war schwerer für mich. Es ist schwer für mich all die Erinnerungen und gemeinsamen Momente, das Vertrauen und all das, von dem ich dachte, es verbinde uns, gehen zu lassen. Ich habe gekämpft - es versucht - aber die Gegenseite ging nicht darauf ein. Ich hätte gern noch einige "Kleinigkeiten", die irgendwie zwischen und stehen, geklärt. Diese Chance wurde mir verwehrt. Und langsam realisiere ich, dass dieser Abschied wohl richtig ist, dass es gut ist abzuschließen - nicht zu warten...
Für mich ganz allein habe ich mich von meinem leben der letzten Jahre verabschiedet - wozu auch ein Beziehungsende gehört. Dieser Abschied war für mich eine Berg-und-Tal-Fahrt. Lange habe ich gehadert, der Kopf gearbeitet, die Laune gelitten und am Ende ist es vor allem eines: Befreiend. Ich habe mich von Sorgen, Ängsten und Zurückhaltung verabschiedet, sagte Tschüss zu Unklarheiten, negativen Gefühlen und dem absoluten Chaos. Ich nahm mich selbst an die Hand: Auf eine Reise zu mir selbst. Vielleicht habe ich sie noch nicht beendet. Vielleicht ist auch der Weg das Ziel & die stätige Veränderung, der Sinn dieses Weges. Doch ich spüre, dass ich auf einem guten Kurs unterwegs bin.
Und dann, dann kam ein Abschied, den ich so nicht erwartet hätte - von dem ich nicht dachte, dass er so schnell eintritt. Es traf mich mitten ins Herz. . . Manche Menschen schaffen es einem emotional und menschlich näher zu kommen als man es erwartet - als sie es sollten. Man baut Vertrauen auf und schafft eine Verbindung. Ich habe nie bewusst gemerkt, wie aus einer beruflichen Beziehung auch eine private wurde. Eine Person mit unglaublicher Kraft, Lebensfreude, Humor, Liebe und Spaß am Leben. Ein Platz an den man gerne kommt, wo man ehrlich sein kann - ein Geheimnis anvertraut. Wo man Scherze macht, aber auch ernst sein kann. Leider erklärte uns das Schicksal dann, dass es einem sehr schnell und einfach einen Strich durch die Rechnung machen kann. Dass nichts für immer ist. Der Tod tritt dort ein, wo er - gefühlt - noch nicht sollte. Und zurück bleiben Fragen und ein leerer Platz. 

Trotz all den negativen, schmerzhaften Seiten eines Abschiedes: Ich weiß, dass jedes Ende auch ein Anfang ist. Ich weiß, dass vieles eine Frage der Perspektive ist - eine Frage des Blickwinkels, aus dem man es betrachtet. Das Leben geht weiter und es kommen neue Erfahrungen auf mich zu gerollt, mit jedem Herzschlag. Und genau deshalb durchschreite ich dieses Leben lieber in aufrechter Körperhaltung und einem Blick nach vorn. Auch wenn man die bereits gegangen Schritte nie vergessen sollte, so läuft der Weg des Lebens weiter.  Und ich bin überzeugt: Auch wenn ein Abschied nicht einfach ist und verdammt weh tun kann, hält er eine wichtige Chance für uns bereit. 



In Gedenken an L.J. (1931-2017) 
Danke für das Vertrauen & die Lebensfreude.
Auf das Leben & die Liebe.
Ruhe in Frieden. 

20. September 2017

Mein König.

"Einmal Hölle und zurück
Auf der Jagd nach schnellem Glück
Mein Herz zu oft verloren
War kaputt und fast erfror'n  "


Mein Superheld hat weder Cape, noch Anzug noch Superkräfte. Und doch ist er der größte Held für mich. Mein Vorbild, mein Beschützer, mein doppelter Boden, mein Fels in der Brandung, mein König - der Superheld ohne Cape. Und auch, wenn er nicht durch die Luft fliegen kann, keinen Laserblick hat, sich nicht Verwandeln kann oder alles erstarren lassen kann - hat er für mich jede Menge Superkräfte. Er kann mich zum Lächeln bringen - mit einem Blick, einer Geste, einer Umarmung. Er erkennt, wie ich mich fühle - ohne ein Wort. Er tut sein Bestes, damit ich das Beste habe & versucht mich auf meinem Weg in diese Welt zu unterstützen. Er kann fast alles handwerkliche, er kann kochen, tanzen, lachen, singen und grillen. Er hat die Kraft meinen Akku vollkommen aufzuladen, mir Sicherheit zu geben, mir aber auch meine Freiheit und Lebensfreude zu schenken. Er kämpft für mein Glück. Wenn es sein muss - allein. 

"Ich weiß: Keiner kennt mich so wie du
Meine Narben, meine Wut
Ich kann dich alles fragen & dir auch alles sagen
Und doch...
So viele Lieder schrieb ich dir
Doch keines klingt so schön wie wir
Manchmal hab ich so 'ne Angst, das mit uns hier zu verlieren"

Ich habe lange gekämpft um meine Abgründe zu verbergen. Ihm nicht zu zeigen, dass der Kummer und das Leid über mich hinein brachen und mich nach unten drückten. Und doch, hat er mich zum kämpfen bewegt. Mir mit Kleinigkeiten jedes Mal gezeigt, dass ich etwas Wert bin - dass ich mehr Wert bin als ich dachte, als mir meine Depression vorgaukeln wollte. Er war einer der Gründe, für mich, für dieses Leben zu kämpfen. Er zeigte mir einen Teil dieser Welt & seiner Welt. Ich habe gelernt ihm wieder so zu vertrauen, wie ich es als Kind tat. Blind. Und ohne Ängste. Er ist nun wie ein doppelter Boden für meine Seele. 

"Ich kann nur schwer allein sein,
Kann zynisch und gemein sein.
Manchmal tu ich mir selber weh:
Wenn die alten Wunden brennen
Und ich will einfach rennen.
Dann legst du deine Hände auf."

Er ist derjenige, auf dessen Einschätzungen, ich bauen kann. Neben denen meiner Mutter. Er erkennt, was jemand im Schilde führt, was hinter der Schale steckt. Was gut ist & was nicht. Auch das musste ich erst lernen. Heute weiß ich, dass jeder "Kämpfer" an meiner Seite, den er akzeptiert, dort den richtigen Platz hat. Er erkennt, wer die Richtige Begleitung für mein Leben ist. Wer mir helfen wird, dieses Leben zu meistern und zu lieben, wenn er mal nicht mehr ist. Doch ich hoffe, dass dieser Moment erst in einer sehr fernen Zukunft eintritt. Doch bis dahin sattelt er mit mir meine Armee, hilft uns zu schwimmen, zu schießen & Probleme zu lösen. 

"Egal was auch passiert, du steigst für mich in jeden Ring
Du tötest jeden Drachen und machst mich zur Königin
Und ich will nur,dass du weißt: ich bin immer da für dich"

Ja. Meine Armee. Denn er ist mein König. Er beschützt sein Königreich & hilft mir meines zu erbauen. Er gibt mir Stück für Stück ein wenig von seinem Königreich ab, zeigt mir, wie ich es schützen kann, vergrößern kann, wie ich dort lange & glücklich leben kann. Ich bin seine Prinzessin - doch irgendwann werde ich zur Königin werden & darauf bereitet er mich vor. Ich hoffe, dass ich ihm irgendwann einen Prinzen vorstelle, der sein Reich mit meinem verbindet & meinem König & Superhelden, die Zuversicht gibt, dass ich für immer glücklich und aufrecht stehend durch dieses Königreich gehen werde. Ich bin dankbar. Für alles, was er für mich gibt, was er für mich schafft.

Wer dieser Superheld & König ist? Mein Papa. 

Alles Gute zum Geburtstag. Ich kann heute leider nicht bei dir sein, aber du weißt, in Gedanken bin ich es - immer. Ich hab dich lieb.









11. September 2017

Zwei Mütter?

Hallo. Ich bin Anja, 25, Altenpflegerin, Scheidungskind, glücklich, Zwergkaninchenmami, Nesthäkchen, und ich habe sozusagen 2 Mütter.
Um von Anfang an alle Missverständnisse vorzubeugen: Ich bin nicht von zwei Müttern als Paar groß gezogen worden.
Als ich 12/13 Jahre alt war, wurde ich Scheidungskind. Meine Eltern trennten sich. Ich zog mit meiner leiblichen Mutter aus dem Haus in dem ich groß geworden bin. Im Haus blieb mein Vater und seine neue Partnerin zog mit ihrer Tochter ein. Anfangs fiel es mir schwer die "neue Frau" an Papas Seite zu akzeptieren. Schließlich wünscht man sich als Kind, dass die eigenen Eltern vereint bleiben, nicht getrennte Wege gehen, und die Worte Trennung und Scheidung nicht einmal in Anbetracht ziehen. Erschwerend kam für mich hinzu, dass mein Vater kurz nach der Scheidung "die Neue" auch noch heiratete. Ich glaube die Gesichter meiner Schwester und mir, als sie uns das sagten, werden sie auch nie vergessen. Ich denke, das ist vollkommen normal & ein Prozess, den jedes Kind durchlebt, dessen Eltern "plötzlich" neue Partner haben. Einige bleiben leider in diesem Zustand hängen und scheinen den neuen Partnern keine Chance zu geben. All jenen Rate ich: Lass es zu. Für eure Eltern. Bedenkt, dass eure Eltern prinzipiell 2 Dinge wollen: 1. Dass ihr als Kind glücklich, gesund, abgesichert und zufrieden seid.  und 2. wollen sie selbst glücklich sein, sich Träume erfüllen und gesund bleiben. Und dieser neue Partner bedeutet für euren Elternteil ganz besonders eines: Glück.
Ich bin eine von euch- ich weiß es ist schwer zu akzeptieren, dass die eigene Mutter den eigenen Vater - oder umgekehrt - nicht mehr glücklich macht. Schwer zu akzeptieren, dass die Liebe, von der man als Kind immer ein Idealbild hat, vergänglich ist - Aber diese "neue Person" kann euer Leben ebenso bereichern.
Meine Stiefmutter machte es mir immer einfach, sie an Papas Seite zu akzeptieren. Sie anzunehmen und zu schätzen. Es war von Anfang an erkennbar, dass sie meinen Vater glücklich macht. Und sie gab mir Zeit und Raum. Sie gab meinem Vater und mir die Zeit und zu sehen, Dinge zu unternehmen, Vater und Tochter zu sein und uns zu unterhalten. Sie mischt sich - bis heute - nie ungefragt ein, gibt aber Ratschläge, wenn man sie fragt. Sie hat ein offenes Ohr & ein reines Herz. Ich konnte sie Stück für Stück kennenlernen, ihr Fragen stellen und Dinge anvertrauen. Sie hat meinen Vater verändert - und vielleicht auch mich. Sie machte ihn zu einem glücklichen Mann. Er zeigt heute seine Emotionen, ist offener, verständnisvoller. Er hat stets offene Arme und Ohren für mich und sogar meine Freunde. Er erfüllt sich Wünsche wie das Reisen und Konzerte. Sie hat ihm geholfen, sich weiter zu entwickeln und dennoch er zu bleiben. Sie unterstützt ihn & mich. Und nach über 10 Jahren, gemeinsamen Urlauben mit meinem Vater, ihr und ihrer Tochter, kann ich sagen: Ich habe eine Art Mutterfigur  dazu gewonnen.
Natürlich kann sie meine eigene Mutter nie ersetzen oder in den Schatten stellen. Dafür habe ich ein viel zu liebesvolles, inniges und vertrauensvolles Verhältnis zu meiner Mutter. Aber wenn ein Fremder meine Stiefmutter - unwissender Weise - als meine Mutter bezeichnet, dann kann ich es für mich annehmen - und protesteiere weder innerlich noch äußerlich. Sie ist mehr als "nur" die Partnerin meines Vaters - und dafür bin ich ihr dankbar. Dankbar, dass sie mich als Kind meines Vaters angenommen hat, sich nie ungefragt einmischte und dennoch stets zu uns steht. Danke, P.. Du machst das Wunderbar.

7. September 2017

Der schwarze Hund war wieder da....

"Der schwarze Hund war wieder da" -  ein Satz, den viele nicht verstehen. Ein Satz, der anderen, alles sagt - sie eventuell verunsichert oder besorgt stimmt.  (An dieser Stelle möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen. )

Der schwarze Hund. Ein Synonym, eine Metapher für Depressionen. Für das beklemmende Gefühl in der Brust. Die schwarze, dunkle Wolke, die alles bedeckt. Die über den Gefühlen hängt. Der schwarze Hund, der einen verfolgt, einem zuzwinkert und vertrauensvoll ruft: Dein Leben ist sinnlos. Du bist sinnlos. Alles ist Sinnlos. Ein Hund, der ein treuer Begleiter ist, der dir aber jede Kraft nimmt. Kraft zum aufstehen, Kraft zum Gehen, Kraft zum Fühlen. Sogar die Kraft Glück zu empfinden. Ein Hund der nicht nach draußen will. Er will in der Wohnung bleiben... Gassi gehen, Gesellschaft, andere Menschen, all das findet dieser schwarze Hund schrecklich.

Vor kurzem sagte jemand zu mir, dass er sich Depressionen so gar nicht vorstellen kann. Das er nicht versteht, wie man alles ohne Sinn empfinden kann - ganz besonders das Leben. Und ich sagte ihm, was ich jedem anderen auch sagen würde: "Sei froh." . Wirklich. Seid froh, wenn ihr nicht nachvollziehen könnt, was da passiert - wie man so denken kann. Seid froh, dass ihr euch nicht mit eurem Tod beschäftigt habt. Nicht mit dem wann, wie, wo... Ich sagte ihm, außerdem, dass es wie eine graue Wolke ist, die alles überdeckt und einen keine positiven Gefühle empfinden lässt. Eigentlich wollte ich nie wirklich tot sein, dass kann ich so im nachhinein reflektieren. Ich wollte einfach nur, dass diese Sinnlosigkeit ein Ende hat. Ich wollte, dass ich wieder einen Sinn im Leben sehe. - Glück und Freude zu empfinden, das sind Dinge, die ich noch immer schätze.

Und dennoch versucht diese Wolke mich hin und wieder in den Bann zu ziehen. Mein Leben mit Dunkelheit zu bedecken. Mir zu zeigen, wie negativ alles ist. Manchmal merke ich das nicht sofort... Doch spätestens wenn andere bemerken, dass ich schlecht gelaunt bin & ich nicht weiß warum, dann weiß ich es. Dann merke ich es. Dann sehe ich die Wolke. Und was ich dann tu? Ich gebe mich ihr ganz kurz hin. Lasse die negativen Gefühle zu. Und gleichzeitig höre ich in mich hinein. Ich höre mein Herz, spüre das Blut in meinen Adern und atme ein und aus. Da ist Leben in mir - sehr viel. Und dieses Leben hat einen Sinn. Ich habe Ziele. Ich habe einen Überlebenswillen. Ich habe Wünsche, Träume und Freude in mir. Und spätestens wenn ich diese Dinge erkenne, zeige ich der dunklen Wolke den Mittelfinger & gehe mit dem Gedanken, dass morgen ein besserer Tag wird, schlafen.

Ich bin dankbar. Dankbar für meine Stärke. Dankbar, dass ich mich selbst reflektieren kann. Dankbar, dass ich die Wolke mittlerweile erkenne und verscheuchen kann. Dankbar, für die Sonne in mir.

Schwarzer Hund - Du kriegst mich nicht nochmal.